Ansprache des Bürgermeisters Dr. Richard Weiskirchner in der Sitzung des Wiener Stadtrates am 25. Mai 1915 - Wien

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Ansprache des Bürgermeisters Dr. Richard Weiskirchner in der Sitzung des Wiener Stadtrates am 25. Mai 1915 - Wien

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„Der König von Italien hat unserem Kaiser den Krieg erklärt.
Der Bundesgenosse von gestern ist heute unser achter Feind im lodernden Kriegsbrand geworden, er hat uns und unserem deutschen Verbündeten in schamloser Hinterhältigkeit die Treue gebrochen.
In diesem Augenblicke wendet sich unser geliebter Kaiser mit feierlichen eindrucksvollen Worten an Seine Völker, spricht ihnen Sein Vertrauen und Seinen innigsten väterlichen Dank für ihren beispiellosen Opfermut aus.
Der Stadtrat hat sich heute in außerordentlicher Sitzung versammelt, um dem Kaiser namens der Wiener Bevölkerung ehrerbietigst zu künden: Wir wollen das Allerhöchste Vertrauen rückhaltlos bewahren und in unserem Opfermut nicht erlahmen. Mit deutscher Treue, die wir im ehernen Zweibunde halten und empfangen, wollen wir gegen eine Welt von Feinden kämpfen, es gilt die Ehre und die Existenz unseres Vaterlandes und des gesamten deutschen Volkes.
Wir kämpfen einen heiligen Krieg!
Zu den größten Opfern war unser Kaiser schmerzerfüllten Herzens bereit, um neues Blutvergießen zu verhindern; Gebiete, die jahrhundertelang zu Habsburgs Krone gehörten, sollten abgetreten werden, aber Italiens Begehrlichkeit war nicht mehr zu stillen. Im Solde unserer bisherigen Feinde und erfüllt von deren Versprechungen greift es zum Schwerte, es findest uns gerüstet.
In dieser gewaltigen Schicksalsstunde grüßt die Reichshaupt- und Residenzstadt das heilige Land Tirol und seine nun untastbare Einheit, grüßt Dalmatien und das Küstenland, Wien grüßt in dieser Stunde Triest, seine Schwester an der blauen Adria.
Mögen die Unbilden und Leiden des Krieges ihnen nicht zu hart werden, möge ihnen eine blütenreiche Zukunft in Österreichs Rahmen erstehen, wenn wir die Neider, die uns die Sonne der Adria mißgönnen, siegreich zurückgewiesen haben.
Indem wir Vertreter der alten Kaiserstadt neuerlich Pflichterfüllung bis zum Äußersten geloben, wenden sich unsere Blicke zu unserer ruhmreichen, heldenmütigen Armee und Flotte. Wie unsere Soldaten draußen im Felde um die alten blutgetränkten kaiserlichen Fahnen und um den kaiserlichen Prinzen und Feldmarschall geschart sind, so wollen wir, die wir daheim den Kampf gegen die Feinde und ihre Aushungerungspläne zu führen haben, uns in nie versiegender Liebe und unvergänglicher Treue um unseren guten Kaiser scharen, der uns mit allen Seinen Kräften den Frieden bewahren wollte und nun an Seinem Lebensabend den größten und schrecklichen aller Kriege führen muß. Er war als deutscher Fürst zu jeder Zeit das glänzendste Vorbild der Treue und der edelste Anwalt für die Heiligkeit eines gegebenen Wortes. Und er muß nun zusehen wie Seine Treue mit Verrat gelohnt wird. Aber auch diese neue Prüfung wird, so hoffen wir zu Gott, vorübergehen und unser Kaiser wird in der Hingebung Seiner Völker und in dem im alten Heldengeiste wiedererwachten Österreich für alle Unbilden die herrlichste Vergeltung finden. Die Wiener beten in der Stunde, da neue Flammen an den Südgrenzen des Reiches emporlodern, aus der Tiefe ihres Herzens: Gott schütze und erhalte unseren geliebten Monarchen und lasse Ihn nach so schweren Zeiten Jahre neuen Glanzes Seiner Krone und Länder erleben! In dieser festen Zuversicht rufen wir: Seiner Majestät, unser allergnädigster Kaiser und Herr, Franz Josef I. lebe hoch!“

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1915
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Österreichische Nationalbibliothek - Austrian National Library
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